Die letzten Trauben des neuen Jahrgangs wurden in diesen Tagen gekeltert. Was sich bereits sagen lässt: Diese Weinlese 2025 startete extrem früh, wurde unerwartet spannend, ging rasend schnell über die Bühne, die Qualität der Trauben war gut und die Erntemenge überraschend gering. Mit Blick in den Kalender ist es zwar Herbst, doch zugleich ist der „Herbst“ für die Winzerinnen und Winzer in Rheinhessen schon wieder vorbei. Die alljährlichen Herbst-PK warf den Blick zurück auf das Weinjahr 2025 und nach vorne mit einer ersten Einschätzung, wie der neue Jahrgang wird.
Schnelle Lese zum Ende eines wechselvollen Weinjahres
Der Start in das Vegetationsjahr verlief in Rheinhessen vielversprechend: Ein früher Austrieb der Reben, eine gute Wasserversorgung im Frühjahr, erster Trockenstress im Mai, willkommene Niederschläge Ende Juli, aber lokal versetzt mit heftigem Hagelschlag, ein August wie aus dem Bilderbuch, eine schnelle Reife und ein extrem früher Lesestart um die Monatswende zum September. Es war paradox: Frühe und späte Sorten waren gleichzeitig reif und verlangten unkonventionelle Entscheidungen, wenn Schlag auf Schlag gelesen und gekeltert wurde. Dann kam Regen zur Unzeit, der den Fäulnisdruck erhöhte und zusätzlich Tempo in die Lese brachte. Starke Nerven, lange Nächte und schnelles Regenerationsvermögen waren bei den Winzerinnen und Winzern gefragt, um möglichst gesunde Trauben nach Hause zu bringen.
„Wir mussten die Füße in die Hände nehmen“, brachte Horst-Helmut Quitsch, Chef der großen Bezirkswinzergenossenschaft in Monsheim, das absurd hohe Lesetempo in Rheinhessen auf den Punkt. „Wohl dem, der früh in die Lese gestartet ist“, meinte Weinbaupräsident Jens Göhring, der sich besonders über aromentypische Weißweine und über super ausgereifte Dornfelder-Rotweine freut.
Weniger erfreut zeigt sich Göhring über die relativ niedrige Erntemenge, die mit einem Minus von 20–30 % gegenüber dem langjährigen Durchschnitt (2,5 Mio. hl) weit unter den ersten offiziellen Prognosen liegt. Bauchschmerzen bereiten dem Weinbaupräsidenten vor allem die niedrigen Preise auf dem Erzeugermarkt, die von Seiten des Handels für die vielversprechenden jungen Weine geboten werden. „Die Großen im Lebensmittelhandel taxieren die neue Ernte noch nicht angemessen“, konstatiert auch Alexander Rittlinger, Geschäftsführer der Binger Weinkellerei Reh Kendermann: „Die gute Qualität des neuen Jahrgangs und die zugleich niedrige Erntemenge passen im Moment nicht zu den vom Handel aufgerufenen Preisen.“
Mit Blick auf die Erntebilanz lenkte Stefan Braunewell, Vorsitzender des Rheinhessenwein e.V., noch den Blick auf die süßen Seiten des kuriosen Herbstgeschehens. Im Trubel der rasanten Lese soll nicht untergehen, dass dieser Jahrgang durch seine Wetterkapriolen auch die Tür zu den Süßweinen aufgemacht hat – ein charmanter Sonder-Effekt des Jahres 2025 und allemal eine leckere Zugabe zur Achterbahnfahrt durch dieses sehr spezielle Weinjahr.
Die offizielle Pressemitteilung zum Thema und weitere Informationen finden Sie hier zum Download.
Weinmarkt unter geänderten Vorzeichen
Der Blick auf die guten Qualitäten des neuen Weinjahrgangs wird allerdings getrübt durch die immer deutlicher werdenden Herausforderungen im Weinmarkt, die zugleich die gesamtwirtschaftlich schwierige Lage widerspiegeln.

„Wein verliert weiter an Käuferreichweite, der Handel reagiert darauf oft mit Preissenkungen, kann damit aber keine Kaufimpulse setzen“ – analysiert Kellerei-Chef Rittlinger. Die Kellereien selbst versuchen, mit Produktinnovationen gegenzusteuern: „Aromatisierte Weine und alkoholfreie Weine sind gut nachgefragt“, stellt Alexander Rittlinger fest.
Gerade für alkoholfreie Weine ist Deutschland ein attraktiver Hub, den es weiter zu stärken gilt. Im Weinexport zeigen sich die skandinavischen Märkte noch als beachtlich robust und in Asien entdeckt eine junge Generation gerade den Reiz der feinfruchtigen Rieslinge – auf diesen Märkten ist Rheinhessen gut vertreten. „Aber auch den Inlandsmarkt gelte es im Blick zu behalten“, so Rittlinger, und er macht der Branche Mut: „Wir in Deutschland sind bzgl. Wein immer noch ein großes Importland, nur etwa die Hälfte des Weinkonsums wird mit heimischen Weinen bedient – da ist also noch was zu bewegen.“
VITAEVINO und das Kulturgut Wein
Zum reservierten Einkaufsverhalten der Verbraucher kommt immer öfter eine Stimmungsmache gegen den Genuss alkoholischer Getränke hinzu, die auch den Wein und die Weinkultur massiv berührt. Die Unterscheidung zwischen Alkoholmissbrauch und maßvollem Weingenuss im Rahmen einer gesunden Lebensweise wird dabei zunehmend verwischt und jeglicher Konsum alkoholischer Getränke wird in ein negatives Licht gerückt.
Durch die Verbreitung unvollständiger und verzerrter wissenschaftlicher Informationen entsteht ein Schwarz-Weiß-Denken, das weltweit zunehmend Einfluss auf die Gesetzgebung nimmt. Die Folgen sind unverhältnismäßige Maßnahmen wie Werbeverbote, restriktive Steuern und überzogene Gesundheitswarnungen, die die Existenz des Weinsektors, der Weinbaugemeinden und der damit verbundenen Kulturlandschaften gefährden.
Die Kampagne VITÆVINO setzt sich für die Erhaltung der Weinkultur und einen maßvollen Weinkonsum ein. Sie stärkt die Stimme der Gesellschaft und der gesamten Weinbranche. Im Mittelpunkt der Kampagne steht die Erklärung, die von allen unterzeichnet werden kann, die Wein in Maßen genießen und sich leidenschaftlich für die Erhaltung der Weinkultur einsetzen – ein wichtiges Zeichen für die rechtmäßige und nachhaltige Rolle des Weins in unserer Gesellschaft.
„Wir sind Rheinhessen“
„Die Herkunft Rheinhessen ist zentrales Thema aller Absatzförderungsaktivitäten der rheinhessischen Weinbranche“, so Weinwerbe-Chef Stefan Braunewell. Sie wird mit dem Kommunikationskonzept „Wir sind Rheinhessen“ vor allem über eine Digitalkampagne ausgespielt. Den Werbemaßnahmen über die Social-Media-Kanäle werden im klassischen Bereich PR-Maßnahmen zur Seite gestellt – vorrangig adressiert an die Multiplikatoren. „Wir sind Rheinhessen“ will Rheinhessen lebendig und nahbar zeigen. So wird der Community auf spielerische Weise Empathie für die Weine der Region nähergebracht.
Die Webserie „Weinblick in die Zukunft“ spielt inzwischen richtig gute Kennzahlen ein. Nach der Webserien-Folge „In aller Munde. Rheinhessen: Herkunft, die schmeckt“ mit über 135.000 Aufrufen überzeugt auch die aktuelle Folge „Weinerlebnisse – Rheinhessen neu entdecken“ mit ihren attraktiven weintouristischen Highlights. Und die nächste Folge wird mit der Botschaft: „Gemeinsam sind wir stärker“ das Miteinander beim Weinsalon Rheinhessen in den Mittelpunkt stellen.
„Wir Rheinhessen werden der ProWein die Stange halten“ gab Stefan Braunewell zugleich einen Ausblick ins Jahr 2026, in dem für viele rheinhessische Betriebe zu Beginn des neuen Jahres intensive Messeaktivitäten im Kalender stehen.
Rheinhessen auf vielen Kanälen
Informationen über die Aktivitäten von Rheinhessen sind auf vielen Kanälen zu finden: Der bunte Rheinhessen-Newsletter hat über 10.000 Abonnenten. Der Facebook-Account mit mehr als 23.000 Followern liegt deutlich darüber. Instagram ist mit 18.000 Abonnenten zu einer lebendigen Kommunikationsplattform geworden.
Daneben gibt es noch den YouTube-Kanal mit Basics zu Rheinhessen und als Plattform für die Webserie „Weinblick in die Zukunft“.
Relativ neu ist der TikTok-Kanal: Spielerisch, leicht und authentisch wird damit die junge Generation angesprochen.
Und Rheinhessenwein ist jetzt auch auf LinkedIn, vernetzt sich dort mit der Fachwelt, mit Gastronomie, Handel und Medien, um Rheinhessen noch sichtbarer zu machen und teilt Weinwissen, Neuheiten, Auszeichnungen und spannende Brancheneinblicke.
Add on
Karin Eymael, die Chefredakteurin der Weinwirtschaft, hat ein Buch über Rheinhessen geschrieben: „Weinorte in Rheinhessen – Entdecken, entspannen, entkorken“. Die versierte Weinjournalistin wirft darin einen neugierigen Blick auf die Weinerlebnisregion am Rhein und lädt zu spannenden Entdeckungen zwischen Mainz, Worms und Bingen ein.
Das lesenswerte Buch ist bei Droste erschienen, hat 168 Seiten und kostet 16 Euro.
